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Eine Wissenskarte oder Wissenslandkarte (englisch: Knowledge Map) stellt einen Ausschnitt der realen oder virtuellen Welt grafisch dar. Wie Landkarten örtliche Gegebenheiten vereinfacht darstellen, so visualisieren Wissenskarten Zusammenhänge zwischen beliebigen Entitäten des Wissensmanagement. Sie bieten ganz allgemein eine systematische Orientierung im intellektuellen Territorium einer Organisation und helfen Richtungen zu finden, Situationen einzuschätzen oder Ressourcen zu planen. Je nachdem, welche Entitäten in der Wissenskarte miteinander verknüpft sind, unterscheidet man die folgenden Arten von Wissenskarten. Bei der Erstellung organisationaler Wissenskarten werden oft mehrere Kartenarten miteinander kombiniert.
Jeder Wissenskarte liegt eine spezifische Struktur zugrunde, die entweder physisch-räumlicher (z. B. Koordinatensystem) oder abstrakter Natur (zB Organisations- oder Vernetzungsschema) sein kann. Auf Grundlage dieser Struktur bzw. dieses Kontexts werden die Entitäten in Form von Symbolen, Formen, Texten oder Bildern in eine Karte projiziert (Mapping). Eine Wissenskarte präsentiert im Endausbau komplexe Konzepte und Zusammenhänge in visueller Form.
Es gibt eine Vielzahl von Visualisierungstechniken (siehe Abbildung), die beim Kartendesign verwendet werden können. Der Einsatz einer bestimmten Technik hängt von den konzeptionellen Anforderungen, der technologischen Infrastruktur und der verfügbaren Software ab, um eine Grafik mit anklickbaren Flächen für die Verlinkung zu Detailkarten zu implementieren. |
WARUM | Ziel von Wissenskarten ist dem Nutzer durch die grafische Darstellung einen schnelleren und besseren Überblick über komplexe Zusammenhänge zu geben. Mit Hilfe von Wissenskarten kann sowohl explizites (bewusstes, zugreifbares) als auch implizites (weniger bewusstes, intuitives) Wissen rasch erfasst und der Zugriff auf benötigtes Wissen oder Wissensträger erleichtert und beschleunigt werden.
Wissenskarten machen dabei von unseren Wahrnehmungs- und Kognitionsfähigkeiten Gebrauch, komplexe Zusammenhänge und große Datenmengen grafisch-visuell schneller und besser erfassen zu können, als dies verbal oder mit Hilfe von Zahlenwerten möglich wäre.
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WIE | Die Erstellung von Wissenskarten umfasst folgende fünf Schritte, unabhängig davon, um welche Kartenart es sich handelt:
1. Bestandsaufnahme und Analyse In diesem Schritt geht es um die Identifizierung von wissensintensiven Geschäftsprozessen oder wissensbezogenen Problembereichen in der Organisation. Dazu werden die Wertschöpfungskette oder die Kernprozesse der Organisation untersucht und Interviews mit Schlüsselpersonen durchgeführt. Die fertige Wissenskarte sollte auf diese wissensintensiven Bereiche fokussiert sein und die Wissensfragestellung beantworten.
Das wichtigste Ergebnis dieses Schritts ist die klare Zielsetzung, für welchen Zweck die Wissenskarte erstellt wird und welchen Nutzen sich die Organisation erwartet. Als "Nebenprodukte" ergeben sich die wissensintensiven Geschäftsprozesse mit ihren zugehörigen relevanten Wissensträgern und Wissensbeständen.
2. Modellierung An dieser Stelle müssen die beiden Fragen beantwortet werden: "Welche Expertise und Erfahrungen werden benötigt bzw. sind hilfreich, um den Prozess oder den Problembereich gut beherrschen zu können?" und "Wo und wie kann man dieses Wissen abrufen?". Für die relevanten Wissensquellen und -bestände oder auch andere Elemente (zB Argumentationsketten, Ursachen für bestimmte Ereignisse) wird eine geeignete elektronische Erfassungsmethode ausgewählt (entspricht der Kodifizierung). Die Entitäten werden miteinander in Beziehung gebracht (entspricht der Kartografierung) und eine für die Fragestellung geeignete Visualisierung (siehe Abbildung) ausgewählt. Ergebnis dieses Schritts sind neben dem finalen Kartendesign alle Anforderungen an die informationstechnische Realisierung der Wissenskarte.
3. Technisierung
Die Entitäten werden so kodifiziert, dass ihre Verfügbarkeit für die ganze Organisation verbessert wird. Dazu kann es notwendig sein, Kategorien von Expertisen bzw. Erfahrungen zu bilden, die für die identifizierten Geschäftsprozesse oder Fragestellungen wichtig sind.
Für die Kartografierung und Visualierung werden auf Basis der Anforderungen aus dem Modellierungsschritt geeignete Softwaresysteme ausgewählt, die in die IT-Systemarchitektur der Organisation passen oder vielleicht schon vorhanden sind. Wichtig ist dabei, dass eine Integration in die relevanten Geschäftsprozesse möglich ist sowie ein Navigationsprinzip und Kommunikationselemente realisierbar sind.
4. Inbetriebnahme
Die kodifizierten Entitäten werden in ein visuelles Interface integriert, das dem Nutzer visuelles Suchen und Navigieren erlaubt. Das Navigationssystem wird mit dem Geschäftsprozess oder der Arbeitsumgebung verbunden (zB durch Integration in den Workflow des Prozesses oder in das Intranet der Organisation). Das Ergebnis dieses Schritts ist die softwaretechnische Realisierung der Wissenskarte. Hier wird die spezifische Visualisierungstechnik implementiert, die am besten zum Zweck der Karte passt. ZB kann eine Wissensträgerkarte als Mind Map realisiert werden. Deren Hauptäste zeigen die Wissensgebiete und die Zweige die Experten für dieses Wissensgebiet. Das detaillierte Expertenprofil erscheint durch Klicken auf den entsprechenden Zweig. Außerdem ist in diesem Schritt zu klären, wer für welchen Teil der Karte die inhaltliche Verantwortung trägt und wie die Aktualisierung wie oft erfolgen soll. Die Einhaltung dieser Vereinbarungen ist ein kritischer Erfolgsfaktor für Wissenskarten, weil nur eine immer aktuelle Karte ihren Zweck erfüllen kann. Die Verantwortung der ständigen Aktualisierung sollte idealerweise bei demjenigen bleiben, der die Karte "gemacht" hat bzw. bei den darin vorkommenden Personen. D.h. ein Wissensträger sollte sein Kartenprofil selbst pflegen (dürfen).Die implementierte Wissenskarte wird einer abschließenden Qualitätskontrolle unterworfen, bevor sie den Nutzern bereitgestellt wird. Es werden vier Qualitätsdimensionen durch folgende Review-Fragen überprüft: Funktionale Kartenqualität:
- Erfüllt die Karte den expliziten Zweck für eine spezifische Zielgruppe?
- Ist eine Vorgehensweise schriftlich vereinbart, die die periodische Überarbeitung der Karte garantiert?
- Können Nutzer über einen Feedbackmechanismus Verbesserungen an der Karte vorschlagen?
Kognitive Kartenqualität:
- Kann die Karte auf einen Blick erfasst werden (nicht überladen)?
- Bietet sie mehrere Detaillierungsebenen?
- Kann man Elemente visuell vergleichen?
- Sind alle Elemente klar erkennbar?
Technische Kartenqualität:
- Ist die Zugriffszeit ausreichend (keine Verzögerungszeit)?
- Kann die Karte mithilfe eines Browsers benutzt werden?
- Ist die Karte bei allen gängigen Bildschirmauflösungen deutlich lesbar?
- Ist die Karte gegen unerlaubten Zugriff abgesichert?
Ästhetische Kartenqualität:
- Ist die Karte angenehm für das Auge (passende Kombinationen aus Farben und geometrische Formen)?
- Bleibt die visuelle Identität der Karte erhalten, auch wenn neue Elemente hinzugefügt werden (Skalierbarkeit der Karte)?
Können für die implementierte Wissenskarte alle Fragen positiv beantwortet werden, kann mit der Nutzerschulung begonnen und die Karte Schritt für Schritt zum allgemeinen Gebrauch freigeschaltet werden. 5. Betrieb und Wartung
Wie bereits oben erwähnt, ist eine Karte nur so gut wie ihre Aktualität. Wenn Informationen und/oder Verknüpfungen in der Karte veraltet sind, ist die Karte wertlos. Um dies nachhaltig zu verhindern, kann ein Workflow Abhilfe schaffen, der in regelmäßigen Abständen die Verantwortlichen nach der Aktualität ihrer Informationen in der Karte fragt. Das Aktualisieren muss möglichst leicht und schnell erledigt werden können. Zuguterletzt ist dafür zu sorgen, dass gemeldete Fehler und Verbesserungsvorschläge der Kartennutzer zeitnah und transparent in die Wartung der Karte einfließen.
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