Wissensentwicklung
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WAS | Unter Planspiel versteht man das Durchspielen von Szenarios, die ein vereinfachtes Abbild einer ausgewählten realen oder fiktiven Situation darstellen, um mögliche Auswirkungen und Konsequenzen von Handlungsalternativen zu erkennen. Ein Planspiel verläuft meist in mehreren Runden, wobei sich die Ausgangslage jeder Folgerunde aus den Ergebnissen der Vorrunde durch Anwendung der Planspielregeln ergibt. Der Begriff Planspiel leitet sich von der ursprünglichen Form der Planspiele ab, die auf einem Plan durchgeführt wurden. Der Plan stellte eine Stadt oder eine militärische Situation dar. Für Planspiel wird oft der Begriff Simulationsspiel synonym verwendet. Dieser Begriff lehnt sich an den englischen Begriff Simulation Game an. | ||||||||||||
WARUM | Durch das spielerische Experimentieren in komplexen Situationen erfahren die Teilnehmer am eigenen Leib, welche Auswirkungen ihre eigenen und die Verhaltensweisen der Mitspieler haben. Sie gewinnen nicht nur Fachwissen, sondern auch Erfahrungswissen, das sich in der Realität unmittelbar umsetzen lässt. | ||||||||||||
WIE | Ein Planspiel verläuft üblicherweise in den folgenden vier Phasen:
1. Informationssammlung: In dieser Phase werden alle vorhandenen Informationen über die Ausgangslage des Szenarios gesammelt und analysiert. Wichtig ist dabei, dass jeder Teilnehmer die dargestellte Situation verstanden hat und die Rahmenbedingungen kennt.
2. Interessensgruppenanalyse: Die Rollen, Aufgaben und Funktionen aller Interessensgruppen im Szenario werden analysiert. Jeder Teilnehmer wählt eine Interessensgruppe und entwickelt mögliche Vorgehensstrategien für diese Interessensgruppe.
3. Spielrunde: Zu Beginn dieser Phase ist der entscheidende Moment, in dem die Teilnehmer die Planungsebene verlassen und unmittelbar in die Handlungsebene gehen. Die Interessensgruppen kommen zusammen und spielen ihre vorbereiteten Strategien durch. Spontane situationsbedingte Strategieanpassungen sind dabei nicht nur erlaubt, sondern erwünscht.
4. Transferphase: Hier werden die Erlebnisse in der Spielrunde reflektiert und die unmittelbaren Erfahrungen und Erkenntnisse ausgewertet. Während dieser Reflexionsarbeit entwickeln die Teilnehmer ihre Erfahrungen aus dem Planspiel zu praxiswirksamem Handlungswissen weiter. Zentrale Bedeutung erhält das Erkennen von Fehlern als Lernchance. Das Erleben, dass angewandte Verhaltensweisen nicht den gewünschten Erfolg bringen, kann auch eine erhöhte Offenheit gegenüber Handlungsalternativen bewirken. Den Abschluss in dieser Phase bildet die Diskussion über die Übertragbarkeit auf die Realität. | ||||||||||||
Beispiel
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Als einfaches Beispiel für ein Planspiel dient eine Variante (Fietkau/Trénel, 1999) des bekannten Spiels Gewinnt, soviel ihr könnt. Dieses Planspiel deckt Entscheidungsprozesse zwischen Teilgruppen auf. Die Teilnehmergruppe wird in vier Teilgruppen getrennt. Danach wird ihnen die Spielanleitung schriftlich und mündlich näher gebracht. Rahmengeschichte: Sie wurden von Ihrem Unternehmen nach Heringsland geschickt, einem Staat in der Nähe des Polarkreises. Sie haben dort an einem gemeinsamen Projekt gearbeitet. Ihre Arbeit wurde erfolgreich beendet, zum Abschluss gibt Ihnen das gastfreundliche Heringsländer Volk ein großes Fest, dessen Höhepunkt ein Spiel mit dressierten Heringen ist. Dieses Spiel ist eine Heringsländer Spezialität. Sie sind eingeladen, sich daran zu versuchen. Spielanleitung: In einem großen Teich schwimmen 4 Boote und sehr viele Heringe. Um jedes Boot haben sich bereits 10 Heringe versammelt. Sie sollen sich auf die 4 Boote verteilen und versuchen, weitere Heringe anzulocken. Dieses Locken geschieht durch Füttern mit Schnecken oder mit Muscheln. Die Heringe reagieren aufgrund ihrer Dressur ganz berechenbar darauf:
Dieses Spiel geht über maximal 10 Runden, in jeder Runde entscheidet jede Bootsbesatzung neu, ob sie Schnecken oder Muscheln streut. Sobald eine Teilgruppe einen negativen Heringssaldo bekäme, wird das Spiel abgebrochen.
1. Informationssammlung: Die Teilnehmer machen sich mit der Spielanleitung vertraut. Sie diskutieren Entscheidungsalternativen und bereiten sich auf die erste Entscheidungsrunde vor.
2. Interessensgruppenanalyse: Da es nur eine Interessensgruppe, die Bootsbesatzungen, gibt, entfällt diese Phase.
3. Spielrunde: Die Teilgruppen geben ihre Entscheidung für die jeweilige Runde bekannt. Da die Spielanleitung offen lässt, ob mit Gewinnt, soviel ihr könnt die Teilgruppe oder die Gesamtgruppe gemeint ist, entwickeln die Teilgruppen unterschiedliche Strategien je nach ihrer Einschätzung der Gesamtsituation. Die Spielanleitung verbietet nicht die Abstimmung zwischen den Teilgruppen. Es bleibt den Teilgruppen überlassen, ob sie von dieser Möglichkeit Gebrauch machen oder nicht. Das Spiel kommt dadurch sehr in die Nähe realer Entscheidungsprozesse in Unternehmen.
4. Transferphase: In dieser Phase wird der Spielverlauf reflektiert. Es wird untersucht, was für das Erreichen des Gesamtoptimums förderlich oder hinderlich war. Es wird offensichtlich, dass das Gesamtoptimum nur erreicht werden kann, wenn kooperatives Entscheidungsverhalten an den Tag gelegt wird. Diese Erkenntnis lässt sich durch diese unmittelbare Erfahrung im Spiel in der Realität einfacher umsetzen.
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Referenzen |
[CaUl10],
[FiTr99],
[Klip08]
[Mitt00] Mittelmann, Angelika (2011): Werkzeugkasten Wissensmanagement. Norderstedt: Books on Demand, S. 205-208. |
Copyright 1998-2014 Angelika Mittelmann. Letzte Änderung am 09.02.2014.