Fragen und Antworten (FAQ)
Die Natur des Wissens in Organisationen
Wissen und Unternehmenserfolg
Generierung von neuem und Nutzung von bestehendem Wissen
Bedingungen für ein erfolgreiches Wissensmanagement (Infrastruktur)
Was ist Wissen?
Nach einer auf Platon zurückgehenden Definition ist Wissen die Summe der als wahr
gerechtfertigten Meinungen. Der Platon'schen Ideenlehre zufolge kann man Wissen im
eigentlichen Sinn nicht von den immer im Werden befindlichen raumzeitlichen Dingen haben,
sondern nur vom wahrhaften, ewigen Seienden, von den Ideen. Immanuel Kant hingegen
behauptete in Umkehrung der Platon'schen Lehre, dass nur Raumzeitliches erkennbar sei,
nicht aber das Ding an sich. In der Philosophie des 20. Jahrhunderts wird versucht,
Wissen mit den Mitteln der Sprachanalyse zu erklären, und das Problem der Rechtfertigung
in Anlehnung an die Methoden der Naturwissenschaften zu lösen [Müll00].
Nach [Broc99] umfaßt Wissen alle Kenntnisse im Rahmen
alltäglicher Handlungs- und Sachzusammenhänge (Alltagswissen). Im philosophischen Sinn
ist Wissen die begründete und begründbare (rationale) Erkenntnis im Unterschied zur
Vermutung und Meinung oder zum Glauben. Wissen kann primär durch zufällige Beobachtung,
durch systematische Erforschung (Experiment) oder deduzierende Erkenntnis gewonnen werden,
sekundär durch lernende Aneignung von Wissensstoff.
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Was ist der Unterschied zwischen Daten, Information und Wissen?
Wissen stützt sich bis zu einem gewissen Grad auf Daten, auf codierte Zeichen ohne
Interpretation ihrer Bedeutung. Sie bilden das Rohmaterial für die Schaffung von
Information, die als Nachricht einen Empfänger erreicht, für den deren Inhalt eine
Veränderung (Weltbild, Selbstverständnis, etc.) bewirkt und ihm zu einer neuen Einsicht
verhilft. Wissen bildet aus Erfahrungen, Wertvorstellungen, Kontextinformationen und
Fachwissen einen Rahmen zur Beurteilung und Eingliederung neuer Erfahrungen und
Informationen. Entstehung und Anwendung von Wissen findet im Kopf statt und ist damit
direkt an die Person gebunden. Der Anwendungsbezug führt zu Könnerschaft bei der
betreffenden Person, die durch Wollen zum Handeln wird. Wird kontextabhängig richtig
gehandelt, dann liegt Kompetenz vor, die durch Einzigartigkeit zu Wettbewerbsfähigkeit
führt. Dieser Sachverhalt wird durch die "Wissenstreppe"
[Nort98] sehr gut beschrieben.
Wissenstreppe
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Ist Wissen ein Objekt oder ein Prozess?
Wissen ist das Ergebnis eines Lernprozesses. Sofern Teile dieses Wissen kodifiziert und in
irgendeiner auch für andere zugänglichen Form abgelegt werden können, ist Wissen ein Objekt.
Werden diese Wissensteile von Individuen für ihre Zwecke wiederverwendet, dann geschieht damit
auch ein Einbau in den jeweiligen individuellen Kontext des Benutzers. In diesem Fall
kann Wissen als Prozess aufgefasst werden.
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Welche Arten von Wissen gibt es?
Wissen kann in individueller Form vorliegen und ist dann grundsätzlich an Personen gebunden.
In kollektiver Form ist Wissen in den Prozessen, Routinen, Praktiken und Normen von
Organisationseinheiten oder Arbeitsgruppen zu finden. Eine weitere, für das
Wissensmanagement wesentliche Wissensform findet sich im Begriffspaar implizites und
explizites Wissen. Implizites Wissen stellt das persönliche Wissen eines Individuums mit
Idealen, Werten und subjektiven Einsichten dar. Explizites Wissen ist dagegen methodisch,
systematisch und liegt in artikulierter Form vor. Es kann mittels Informations- und
Kommunikationstechnologie verarbeitet und verbreitet werden. Das Grundproblem des
Wissensmanagement ist die Überführung von implizitem in explizites Wissen. Erst dann ist
es für die Organisation verfügbar und somit über einzelne Personen oder Personengruppen
hinaus nutzbar. Wissen kann intern in der Organisation vorhanden sein oder
extern bei Beratern oder Kooperationspartnern des Unternehmens lokalisiert sein.
Der Wissenswürfel stellt diese Zusammenhänge in dreidimensionaler Form dar
[Mitt99b].
Wissenswürfel
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Welche Wissensformen gibt es?
Neben den oben beschriebenen Wissensarten lassen sich in Organisationen noch folgende Wissensformen [Baec98, S. 6ff] unterscheiden, die eine Abgrenzung des
Wissensmanagements zum Konzept des Organisationalen Lernens ermöglichen [FrBa99].
Produktwissen setzt sich aus Wissen über das Produkt selbst und aus Produktionswissen zusammen. Ersteres bezieht sich auf die Problemlösung, zu der ein
Produkt in einer bestimmten Form beiträgt, und letzteres darauf, welche Technologien eine möglichst kostengünstige und effiziente Produktion ermöglichen.
Produktwissen ist weitgehend explizit und intern.
Expertenwissen umfasst das Wissen über relevante Umwelten einer Organisation und beschreibt, wie z.B. Abläufe anders als bisher gestaltet werden können. Es
ist ebenfalls explizit und kann intern oder extern sein, je nachdem, ob externe Berater eingebunden werden oder nicht.
Führungswissen enthält alle Normen und Regeln zur Koordination der Arbeitsteilung, zur Autorität und Disziplin sowie die organisationsspezifischen
Instrumentarien zur Mitarbeiterführung. Es bestimmt die Art und Weise, wie mit Produkt- und Expertenwissen umgegangen wird und ist meist implizit vorhanden.
Milieuwissen umfasst das Wissen darüber, welche Erwartungen an wen gestellt werden können, wie Kontrollmechanismen wirken und zu handhaben sind, welche
Absichten durch welche sprachlichen Formulierungen ausgedrückt werden. Es ist selten explizit und wird erst durch konkrete Erfahrung sichtbar. Die Abgrenzung
zu Führungs- bzw. gesellschaftlichem Wissen kann nicht klar getroffen werden.
Gesellschaftliches Wissen definiert, was eine Organisation ist, wie sie funktioniert, welche Verhaltensmaßstäbe innerhalb und außerhalb der Organisation gelten
und auch welche rechtlichen Vorgaben für Organisationen gelten. Es ist meist implizit und wirkt als permanente Rahmenbedingungen aller Wahrnehmungen und
Interpretationen.
Wissensmanagement beschäftigt sich eher mit Produkt- und Expertenwissen und der Bewirtschaftung dieser Wissensformen, Organisationales Lernen mit
Führungs-, Milieu- und gesellschaftlichem Wissen und dessen kritischer Hinterfragung.
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Inwieweit ist individuelles Wissen für Organisationen wichtig?
Das gesamte Wissen einer Organisation basiert auf dem individuellen Wissen
ihrer Organisationsmitglieder. Verlässt ein Organisationsmitglied das Unternehmen,
dann geht damit auch häufig ein Teil des Organisationswissens verloren. Mit Hilfe
eines systematisierten Wissensmanagements soll dieses Problem reduziert werden.
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Was ist eine Organisationale Wissensbasis?
Eine organisationale Wissensbasis ist die Gesamtheit aller Daten und Dokumente
in beliebiger Form, die in einer Organisation abgelegt sind, sowie die
Geschäftsregeln, die sich in der Art und Weise widerspiegeln, wie Mitarbeiter
der Organisation die Geschäftsprozesse betreiben.
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Welche Rolle spielt Wissen für den Erfolg eines Unternehmens?
Einer Studie des Fraunhofer-Instituts für Arbeitswirtschaft und Organisation (IAO) über die
Relevanz von Wissensmanagement in der deutschen Industrie [Bull99]
zufolge beträgt der Anteil des Produktionsfaktors Wissen an der Wertschöpfung bereits über
50 Prozent. Nach der Einschätzung der 250 befragten Unternehmen
könnte durch eine effiziente Nutzung und Bewirtschaftung der Ressource Wissen die
Produktivität im Durchschnitt um ein Drittel gesteigert werden. Die
Unternehmen geben aber auch an, dass sie weniger als die Hälfte des zur Verfügung stehenden
Wissens nutzen. Das ist auf gewisse Unsicherheiten über die
Existenz sinnvoller und geeigneter Methoden und Werkzeuge zum Management von Wissen
zurückzuführen.
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Welches Wissen ist von strategischer Bedeutung?
Das Wissen in den Kernprozessen einer Organisation ist von
strategischer Bedeutung für das Unternehmen. Bei der Weiterentwicklung der
Kernprozesse muss parallel dazu das Kernwissen erweitert und erneuert werden,
um die Wettbewerbsvorteile zu erhalten bzw. auszubauen.
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Wie läßt sich neues Wissen generieren?
Neues Wissen bei einem Menschen entsteht dadurch, dass er Informationen aufnimmt, mit
seinem Erfahrungsschatz verknüpft und dadurch in der Lage ist ein ungelöstes Problem
zu lösen (z.B. Fakeln für Beleuchtung) oder auf neue Art und Weise zu lösen
(z.B. Gaslaternen oder Lampen mit Glühbirnen) oder er kommt zu einer neuen Erkenntnis,
die vielleicht einen Wissensschaftszweig revolutioniert (z.B. Einsteins Relativitätstheorie).
Neues Wissen in Organisationen entsteht dadurch, dass durch gezieltes Anwenden von
Kreativitätstechniken (z.B. Brainstorming, Synektik, Mind Mapping) oder von Methoden und
Werkzeugen des Wissensmanagements (z.B. Dialog, Story Telling, Mikroartikel) neue
Möglichkeiten gefunden werden, die Geschäftsprozesse effizienter zu gestalten oder
es entstehen Produktideen, die neue Geschäftszweige für die Organisation eröffnen.
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Wie läßt sich Wissen identifizieren/(ver)teilen/speichern/(nach außen hin)
schützen/messen/bewerten?
Für die Organisation relevantes Wissen lässt sich am einfachsten identifizieren, indem
man entlang der Kernprozesse herausfindet, welche Personen oft kontaktiert werden,
wenn jemand Prozess-relevantes Wissen sucht. Diese Personen sind die Träger des
Kernwissens der Organisation. Parallel dazu kann man in den Datenbanken und Dokumentverzeichnisse
nach relevanten Datenbankinhalten bzw. Dokumenten suchen. Hier können ebenfalls Werkzeuge des
Wissensmanagements, die komplexe Suchprozesse und Strukturierungshilfen beherrschen, zum Einsatz
kommen, erstere zur Unterstützung der aufwendigen Suchprozesse, letztere zur Restrukturierung
der Organisationalen Wissensbasis.
Speichern kann man nur explizites Wissen, indem es in irgendeiner Form (Dokumente, Bilder,
Filme, etc.) am besten elektronisch abgelegt wird.
Verteilt werden kann nur explizites Wissen, das in irgendeiner Form (am besten) elektronisch
gespeichert wurde. Suchmaschinen helfen beim Wiederauffinden von benötigten Informationen.
Wissen teilen passiert dadurch, dass sich Personen über ihre konkreten Arbeitsinhalte
austauschen und sich gegenseitig bei Problemlösungen helfen. Durch Bilden von
"Erfahrungsgemeinschaften" (= Communities of Practice, Methode des Wissensmanagements)
kann das Wissenteilen unterstützt werden.
Der Schutz von Wissen nach außen ist nur notwendig, solange es nicht gelungen ist,
innerhalb der Organisation eine Kultur zu schaffen, die für andere Organisation nicht
imitierbar ist. Grundsätzlich fördert der aktive Austausch von Informationen die
Generierung von neuem Wissen, die der Organisation ihre Wettbewerbsposition sichern hilft.
Durch die Definition von Zugangsberechtigungen oder die Verwendung von Firewalls
kann gespeichertes Wissen geschützt werden.
Messen und bewerten läßt sich Wissen nur, wenn explizit Wissensziele definiert wurden.
Durch Anwendung der GQM-Methode (goal-question-metric = Ziel-Frage-Metrik) können aus den Zielen
passende Metriken gefunden werden.
Beispiel eines Wissensziels: Alles Relevante über unsere wichtigsten Kunden wissen
Beispiele von Fragen: Gibt es eine Liste unserer wichtigsten Kunden? Gibt es standardisierte
Aufzeichnungen über Kundenbesuche? Wenn ja, wie oft werden diese Aufzeichnungen benutzt?
Beispiele für Metriken: Anzahl von Kundenbesuchsaufzeichnungen je Kunde,
Anzahl der Benutzung je Monat und Kunde
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Wie läßt sich veraltetes Wissen identifizieren/"verlernen"?
Veraltetes Wissen in einer Organisationalen Wissensbasis lässt sich dadurch identifizieren,
indem bei Daten und Dokumenten ein Verfalldatum angegeben wird und/oder die Häufigkeit der Benutzung
aufgezeichnet wird. Ist das Verfalldatum überschritten, werden die Daten/Dokumente automatisch
gelöscht. Wird ein Dokument so gut wie gar nicht mehr benutzt, muss der für das Wissensgebiet
Zuständige entscheiden, ob es gelöscht werden soll und ggfs. die Löschung veranlassen.
"Veraltete" Geschäftsabläufe können nicht so einfach "verlernt" werden. Dazu ist
es zunächst notwendig zu erkennen, dass es einen besseren Ablauf gibt und dann die Mitarbeiter
dazu zu bringen den Ablauf entsprechend zu ändern. Am besten gelingt dies, wenn die Mitarbeiter
selbst den neuen Ablauf erarbeiten und dann gemeinsam die neue Anwendung üben.
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Welche Rolle spielen Offenheit, Vertrauen und Fehlertoleranz für das Wissensmanagement
in einem Unternehmen?
Eine von Offenheit und Vertrauen (Zuverlässigkeit, Konsistenz, Berechenbarkeit)
geprägte Unternehmenskultur hat sich in der Praxis als
kritischer Erfolgsfaktor herausgestellt [Mitt99a],
damit Wissen im Unternehmen frei fließen kann.
Intoleranz gegenüber Fehlern und Hilfsbedürftigkeit ist
eine der schwerwiegendsten Barrieren, um Wissensmanagement erfolgreich einführen zu
können. Ist diese Einstellung tief in der Organisation verankert, müssen langwierige
und vorsichtige Organisationsentwicklungsmaßnahmen ergriffen werden.
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Welche Bedeutung haben Teams bzw. Communities of Practice für das Wissensmanagement
in einem Unternehmen?
Gut funktionierende Teams (das sind Teams ab der Organisierungsphase) bzw. Communities of Practice tragen wesentlich zu einer Wissenskultur bei, die durch aktiven Wissensaustausch gekennzeichnet ist. Sie sind damit unverzichtbarer Teil eines erfolgreichen Wissensmanagement in einem Unternehmen.
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Welche Bedeutung hat das Schaffen eines gemeinsamen Grundverständnisses für Wissensmanagement in einem Unternehmen?
Der Begriff Wissensmanagement kann ganz verschiedene Bedeutungen tragen. Die Bandbreite reicht von technologischen Aspekten wie Dokumentenmanagement, Workflow oder Content Management bis hin zur Lernenden Organisation. Jedes Unternehmen wird entsprechend seinen Spezifikas (Vision, Mission, Strategie, Branche, Markt, Wettbewerbssituation, etc.) unterschiedliche Zugänge haben. Daher ist es notwendig, dass jedes Unternehmen ein passendes Grundverständnis für Wissensmanagement selbst entwickelt. Dies erleichtert ganz erheblich die Kommunikation über Wissensmanagement-spezifische Inhalte im Unternehmenskontext.
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Welche Rolle spielen Informations- und Kommunikationstechniken für das Wissensmanagement in einem Unternehmen?
Informations- und Kommunikationstechniken können die Professionalisierung von Wissensmanagement gut unterstützen, wenn darauf geachtet wird, dass die erforderlichen Basistechnologien zusammenpassen und sich gut ergänzen. Besonders wichtig in diesem Zusammenhang ist der einfache Zugang über eine Intranet-Plattform, die dem Mitarbeiter einen standardisierten Einstieg ermöglicht. Für den Mitarbeiter ist es nicht mehr erforderlich unterschiedliche Anwendungen bedienen zu können.
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