Wissensmanagement - Grundlagen

Wissensbegriff

Wir ertrinken in Informationen, aber uns dürstet nach Wissen.
John Naisbitt


Wissen ist ...
  • Kraak 91, S. 12: "... das Resultat verarbeiteter Informationen. Zum Wissen gehören Kenntnisse, Meinungen, Auffassungen, Bewertungen und Ziele"
  • Probst et al. 97, S. 44: "... die Gesamtheit der Kenntnisse und Fähigkeiten, die Individuen zur Lösung von Problemen einsetzen. Wissen stützt sich auf Daten und Informationen, ist im Gegensatz zu diesen jedoch immer an Personen gebunden"
  • Preissler et al. 97, S. 2: "... alles, was ein Akteur zur Erzeugung von Handlungen, Verhalten und Lösungen verwendet: Kenntnisse, Meinungen, praktische Regeln und Techniken, Patentrezepte, Weltbilder, aber auch Bräuche, Mythen und Aberglaube; ... bedeutungsvolle, kontextgebundene Information"
  • Chrobok 98, S. 184: "... zweckgerichtete Kompetenz der Organisation und ihrer Mitarbeiter"
  • Heinrich 95, S. 564: "... die Gesamtheit aller Kenntnisse auf einem bestimmten Gebiet"

Wissen stützt sich bis zu einem gewissen Grad auf Daten, auf codierte Zeichen ohne Interpretation ihrer Bedeutung. Sie bilden das Rohmaterial für die Schaffung von Information, die als Nachricht einen Empfänger erreicht, für den deren Inhalt eine Veränderung (Weltbild, Selbstverständnis, etc.) bewirkt und ihm zu einer neuen Einsicht verhilft. Wissen bildet aus Erfahrungen, Wertvorstellungen, Kontextinformationen und Fachwissen einen Rahmen zur Beurteilung und Eingliederung neuer Erfahrungen und Informationen. Entstehung und Anwendung von Wissen findet im Kopf statt und ist damit direkt an die Person gebunden. Der Anwendungsbezug führt zu Könnerschaft bei der betreffenden Person, die durch Wollen zum Handeln wird. Wird kontextabhängig richtig gehandelt, dann liegt Kompetenz vor, die durch Einzigartigkeit zu Wettbewerbsfähigkeit führt. Dieser Sachverhalt wird durch die "Wissenstreppe" [Nort98] sehr gut beschrieben.
Wissen befähigt Menschen mit den vorhandenen Informationsquellen intelligent umzugehen und entsprechend zu handeln. Wissen ist in seiner strukturiertesten Form in Datenbanken und Dokumenten zu finden und in Routinen, Prozessen, Praktiken und Normen enthalten. Wissen ist zugleich Prozess und Bestand. Wissen wird zu einem Drittel aus Dokumenten bezogen und zu zwei Dritteln durch persönliche Kontakte (formelle Ausbildungsverhältnisse, informelle Gespräche, etc.) vermittelt. [DaPr97, 98]

Die Wissenstreppe Die Wissenstreppe
Arten von Wissen Wissen kann in individueller Form vorliegen und ist dann grundsätzlich an Personen gebunden. In kollektiver Form ist Wissen in den Prozessen, Routinen, Praktiken und Normen von Organisationseinheiten oder Arbeitsgruppen zu finden. Eine weitere, für das Wissensmanagement wesentliche Wissensform findet sich im Begriffspaar implizites und explizites Wissen. Implizites Wissen stellt das persönliche Wissen eines Individuums mit Idealen, Werten und subjektiven Einsichten dar. Explizites Wissen ist dagegen methodisch, systematisch und liegt in artikulierter Form vor. Es kann mittels Informations- und Kommunikationstechnologie verarbeitet und verbreitet werden. Das Grundproblem des Wissensmanagement ist die Überführung von implizitem in explizites Wissen. Erst dann ist es für die Organisation verfügbar und somit über einzelne Personen oder Personengruppen hinaus nutzbar. Wissen kann intern in der Organisation vorhanden sein oder extern bei Beratern oder Kooperationspartnern des Unternehmens lokalisiert sein. Der Wissenswürfel stellt diese Zusammenhänge in dreidimensionaler Form dar [Warn98, S. 25], [Mitt99a, S. 2].
Der Wissenswürfel Der Wissenswürfel
Wissensformen Neben den oben beschriebenen Wissensarten lassen sich in Organisationen noch folgende Wissensformen [Baec98, S. 6ff] unterscheiden, die eine Abgrenzung des Wissensmanagements zum Konzept des Organisationalen Lernens ermöglichen [FrBa00].
Produktwissen setzt sich aus Wissen über das Produkt selbst und aus Produktionswissen zusammen. Ersteres bezieht sich auf die Problemlösung, zu der ein Produkt in einer bestimmten Form beiträgt, und letzteres darauf, welche Technologien eine möglichst kostengünstige und effiziente Produktion ermög-lichen. Produktwissen ist weitgehend explizit und intern.
Expertenwissen umfasst das Wissen über relevante Umwelten einer Organisation und beschreibt, wie z.B. Abläufe anders als bisher gestaltet werden können. Es ist ebenfalls explizit und kann intern oder extern sein, je nachdem, ob externe Berater eingebunden werden oder nicht.
Führungswissen enthält alle Normen und Regeln zur Koordination der Arbeitsteilung, zur Autorität und Disziplin sowie die organisationsspezifischen Instrumentarien zur Mitarbeiterführung. Es bestimmt die Art und Weise, wie mit Produkt- und Expertenwissen umgegangen wird und ist meist implizit vorhanden.
Milieuwissen umfasst das Wissen darüber, welche Erwartungen an wen gestellt werden können, wie Kontrollmechanismen wirken und zu handhaben sind, welche Absichten durch welche sprachlichen Formulierungen ausgedrückt werden. Es ist selten explizit und wird erst durch konkrete Erfahrung sichtbar. Die Abgrenzung zu Führungs- bzw. gesellschaftlichem Wissen kann nicht klar getroffen werden.
Gesellschaftliches Wissen definiert, was eine Organisation ist, wie sie funktioniert, welche Verhaltensmaßstäbe innerhalb und außerhalb der Organisation gelten und auch welche rechtlichen Vorgaben für Organisationen gelten. Es ist meist implizit und wirkt als permanente Rahmenbedingungen aller Wahrnehmungen und Interpretationen.
Wissensmanagement beschäftigt sich eher mit Produkt- und Expertenwissen und der Bewirtschaftung dieser Wissensformen, Organisationales Lernen mit Führungs-, Milieu- und gesellschaftlichem Wissen und dessen kritischer Hinterfragung.

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© 2000-2004 Angelika Mittelmann

Geändert am 25. Juli 2004